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Kein zurück: Duschen bleiben kalt

CDU-FRAKTION SPRICHT SICH GEGEN DIE MAßNAHMEN DER KREISREGIERUNG AUS / ANTRAG WIRD IM KREISTAG ABGELEHNT

Es ist ein Beschluss, der im Lahn-Dill-Kreis noch immer für ordentlich Zündstoff sorgt: Ende Mai hatte die Kreisregierung entschieden, ab dem 1. Juni bis zum 18. September in allen kreiseigenen Schulen und Turnhallen die Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlagen abzustellen, um Gas zu sparen.

Timo König WETZLAR/DILLENBURG. Es ist ein Beschluss, der im Lahn-Dill-Kreis noch immer für ordentlich Zündstoff sorgt: Ende Mai hatte die Kreisregierung entschieden, ab dem 1. Juni bis zum 18. September in allen kreiseigenen Schulen und Turnhallen die Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlagen abzustellen, um Gas zu sparen. Die Entscheidung des Kreises sorgte in ganz Deutschland für viel Kritik und Aufsehen. Schließlich war der Lahn-Dill-Kreis der erste Landkreis überhaupt, der eine solche Maßnahme ergriffen hat.

Nun hat sich der Kreistag intensiv mit dem Thema beschäftigt. Die CDU hatte einen Antrag eingereicht und sich gegen kalte Duschen ausgesprochen. Hans-Jürgen Irmer (CDU) begründete: „Uns stört das Verfahren. Man hätte erwarten können und dürfen, dass die Betroffenen eingebunden werden“. Gemeint sind die Schulen und Sportvereine. Aus seiner Sicht sei eine Regulierung der Temperatur ausreichend gewesen. „Und schon hätten wir keinen Streit mehr“, so der Fraktionsvorsitzende weiter.

Eine Haltung, mit der Irmer auf viel Widerstand stieß. „Ein bisschen nachhaltiger zu leben, das tut keinem weh“, sagte Cirsten Kunz (SPD) und führte aus: „Wir sind vielmehr die Ersten und nicht die Einzigen, die diese Maßnahme ergriffen haben.“ Auch Landrat Wolfgang Schuster (SPD) verteidigte den Beschluss erneut: „Wir haben entschieden, dass es zumutbar und verhältnismäßig ist.“ Das Vorgehen sei im Normalfall ein anderes, „aber wir befinden uns in einer Krisensituation“, rechtfertigte er.

Dunja Boch (FWG) kritisierte den Antrag scharf und behauptete, dass es lediglich die CDU sei, die befürchte, dass sich der Landkreis mit seiner Entscheidung zum Gespött mache. Die Realität sei eine andere. „Ich befürchte, dass wir noch mit ganz anderen Maßnahmen umgehen müssen“, prognostizierte Boch.

Auch für Martina Klement (Grüne) ist klar: „Für das Kaltduschen haben wir viel Spott hören müssen, eben wegen der CDU“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen. Beispielsweise der CDU-Kreistagsabgeordnete Jörg Michael Müller hatte gegenüber der Bild-Zeitung die Entscheidung der Kreisregierung kritisiert.

Im Gegensatz dazu ist Matthias Büger (FDP) „stolz darauf, dass der Lahn-Dill-Kreis der erste war, der die Maßnahme umgesetzt hat“. Jeder Kubikmeter Gas, der nicht verbraucht wird, werde laut Büger im Winter helfen.

Die Kreisverwaltung rechnet damit, dass in dem geplanten Zeitraum von dreieinhalb Monaten, in dem die Duschen kalt bleiben, rund 100 000 Euro eingespart werden können. Im Gegensatz zu Privathaushalten seien Warmwassersysteme in den kreiseigenen Sport- und Turnhallen sehr ineffizient, stellte Umweltdezernent Heinz Schreiber (Grüne) in einer Stellungnahme vor rund einem Monat klar.

„Dieses Geld sparen nicht wir, sondern die Städte und Gemeinden“, verdeutlichte Landrat Schuster. Denn die Kommunen finanzieren mit ihrer Kreisumlage die Energiekosten indirekt mit.

Zuspruch für den Antrag der CDU gab es von Andrea Niggemann (AfD), die von „Stinken für den Frieden“ sprach und vielmehr eine „ganzheitliche Lösung“ forderte. Aus Sicht von Lisa Schäfer (CDU) sei es eine Respektlosigkeit, „bei denen anzufangen, die während der Pandemie am meisten leiden mussten.“ Die Entscheidung der Kreisregierung führe laut Schäfer lediglich dazu, dass das Problem nach Hause verlagert werde. Auch Johannes Volkmann (CDU) suchte vergeblich nach dem Sinn der Maßnahme: „Für uns ist es nicht ersichtlich, inwiefern diese Maßnahme über Symbolpolitik hinausgeht“, rätselte der Unions-Mann.

Daraufhin entgegnete der Landrat: „Wir sollten uns auf das beschränken, was wir hier vor Ort direkt beeinflussen können.“ Die Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlagen abzustellen, sei eine Möglichkeit davon.

Letztlich lehnte die Kreistagsmehrheit aus SPD, Grüne, FWG und FDP sowie zwei Abgeordnete der Partei „Die Partei“ den Antrag ab. Somit bleiben die Duschen in allen kreiseigenen Schulen und Turnhallen wie geplant bis zum 18. September kalt.

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 21.07.2022