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Kreis erwägt Hebammen-Ambulanz

SEIT DER SCHLIEßUNG DER GEBURTSHILFE IN DILLENBURG IST DIE ZAHL DER GEBURTEN IM KREIS UM 30 PROZENT GESUNKEN

(jli). DILLENBURG/HAIGER/HERBORN/WETZLAR . Seit der Schließung der Geburtshilfe in der Dillenburger Klinik zum Jahresanfang ist die Zahl der Geburten im Lahn-Dill-Kreis um 30 Prozent zurückgegangen. Werdende Mütter weichen offenbar auf Krankenhäuser außerhalb des Kreisgebietes auf. Die Kreispolitik erwägt nun eine Hebammen-Ambulanz für das nördliche Kreisgebiet. Eine solche Ambulanz könnte Mütter vor und nach der Geburt beraten.

Kreisregierung soll Modellprojekt prüfen

Die CDU hat eine solche Hebammen-Ambulanz beantragt. Der Kreistag diskutierte in seiner Sitzung in dieser Woche darüber. CDU-Abgeordnete Sabine Sommer sagte: Mit dem Wegfall der Geburtsstation in Dillenburg habe sich die Versorgungslage für werdende Mütter im nördlichen Lahn-Dill-Kreis verschlechtert. Außerdem mangele es im Kreis an Hebammen, die eine wichtige Unterstützung für junge Familien sein könnten. Eine Hebammen-Ambulanz, so wie im Rhein-Erft-Kreis, könne helfen. Die Kreisregierung solle deshalb die Schritte zur Einrichtung einer solchen Ambulanz prüfen und einleiten, zunächst als Modellversuch. Soweit wollte die Vierer-Koalition aus SPD, Grünen, FWG und FDP mit ihrer Kreistagsmehrheit noch nicht mitgehen, sprach sich aber auch für eine Prüfung und dann weitere Beratung aus. Dem stimmte schließlich der komplette Kreistag zu. Kreis-Sozialdezernent Stephan Aurand (SPD) erklärte aber vorab: Die Finanzierung einer solchen Ambulanz sei Sache der Krankenkassen, eine Unterstützung aus Kreismitteln schwierig.

Landrat Wolfgang Schuster (SPD) berichtete in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Geburtenzahlen in den Kliniken im Lahn-Dill-Kreis. In den ersten vier Monaten des vergangenen Jahres seien auf den Geburtsstationen in Wetzlar und Dillenburg insgesamt 365 Babys zur Welt gekommen. In den ersten vier Monaten dieses Jahres, also nach der Schließung der Geburtshilfe in Dillenburg, in Wetzlar insgesamt 255 Babys. Unterm Strich sind das in den Krankenhäusern im Lahn-Dill-Kreis 30 Prozent weniger Geburten als noch im selben Zeitraum des vorigen Jahres.

Im Rhein-Erft-Kreis, zwischen Köln und Aachen gelegen, hatte ebenfalls ein Krankenhaus seine Geburtsstation geschlossen. Daraufhin hatten Kreis sowie zwei Städte eine Hebammen-Ambulanz als zweijähriges Modellprojekt gegründet, Träger ist die Awo. Nach eigenen Angaben bietet sie werdenden Müttern durch Hebammen Unterstützung und Beratung vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit an. Eine solche Ambulanz gibt es beispielsweise auch noch in Frankfurt, sie wirbt mit Beratung, Wochenbettbegleitung und Kursen vor Ort für Frauen aus der Umgebung.

Arbeitsgemeinschaft oder Anlaufstelle

Im Lahn-Dill-Kreis äußerten sich Kreistagsabgeordnete folgendermaßen:

Christiane Ohnacker (Linke) sagte: „Eigentlich ist es sehr traurig, dass dieser Antrag nötig wurde.“ Ihre Fraktion sehe ebenfalls den Bedarf, und eine Hebammen-Ambulanz sei ein guter Ansatz. Cirsten Kunz (SPD): Für werdende Mütter sei im Kreisgebiet eine Anlaufstelle weggefallen. Eine Hebammen-Ambulanz könne eine mögliche neue Anlaufstelle sein. Gudrun Esch (FWG): „Wir brauchen verlässliche Strukturen zur Unterstützung der Frauen.“ In Dillenburg gebe es dafür derzeit noch eine Gynäkologie. Sie könne sich aber auch eine Arbeitsgemeinschaft im Lahn-Dill-Kreis zu den Themen Schwangerschaft, Geburt und Nachsorge vorstellen. „Gleich eine Hebammen-Ambulanz ins Leben zu rufen, das halten wir für verfrüht.“ Es sei besser, erstmal Fachleute zu hören. Anna-Lena Bender (CDU) hielt dagegen: „Es ist dringend Zeit, dass jetzt etwas passiert.“ Martina Klement (Grüne): „Ich denke, eine Hebammen-Ambulanz löst unsere Probleme nicht.“ Es fehle in Dillenburg nicht an Hebammen, sondern an Ärzten für eine Geburtshilfe.

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 22.05.2023