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Wie soll der Kreis dem Handwerk helfen?

VERWALTUNG SOLL BAUPROJEKTE VORZIEHEN / „IM NäCHSTEN JAHR KOMMT ES VIELLEICHT AUF INVESTITIONEN DER öFFENTLICHEN HAND AN“

WETZLAR/DILLENBURG. von Jörgen Linker Die Kreisverwaltung soll Investitionen vorziehen – und so mit ihren Aufträgen dem heimischen Handwerk mit durch die Corona-Krise helfen.

Das hat der Kreistag am Montag in Wetzlar gegen die Stimmen von AfD und NPD beschlossen. Die Vierer-Koalition aus SPD, FWG, Grünen und FDP hatte es beantragt. Es solle ein kleiner Beitrag des Kreises sein, die Lasten der heimischen Wirtschaft zu mildern.

AfD-Abgeordneter Thomas Gottsmann sagte, er sei Bauleiter bei einem mittelständischen Unternehmen. „Die Bücher sind voll. Die Auftragslage ist sehr gut.“ Für ihn sei der Antrag überflüssig, er tue ihn als Populismus ab.

Kreis-Wirtschaftsdezernent Wolfram Dette (FDP) widersprach. Er habe mit vielen Unternehmen gesprochen. Deren Rückmeldung: Im Laufe dieses Jahres sei die Entwicklung der Bauwirtschaft sicher und zufriedenstellend, aber für 2021 gebe es bei der Auftragslage noch große Unsicherheit, „da von privater Seite Aufträge geschoben oder nicht durchgeführt werden. Deshalb kommt es im nächsten Jahr vielleicht auf Investitionen der öffentlichen Hand an.“

CDU fordert: geplante Projekte umsetzen

Der Lahn-Dill-Kreis ist Investor insbesondere durch die Sanierung und den Neubau seiner Schulen.

CDU-Abgeordneter Jörg Michael Müller bewertete den Antrag dennoch als „Schaufensterantrag“. Denn das Geld gebe der Kreis sowieso aus. Vielmehr solle er mal Geld in die Hand nehmen für SoloSelbstständige, zum Beispiel mit einem Unterhaltungsprogramm für die Kliniken durch heimische Künstler. SPD-Fraktionsvorsitzende Cirsten Kunz: „Was macht hier eigentlich das Land Hessen?“ CDU-Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Irmer erklärte: Landrat Wolfgang Schuster (SPD) habe im April an einer Videokonferenz mit Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) teilgenommen. Bouffier habe dort gefragt, ob Aufträge vorgezogen werden könnten. Wenige Tage später habe die Vierer-Koalition im Lahn-Dill-Kreis diesen Antrag vorgelegt. „Die Kreativität der Koalition ist schon erstaunlich.“ Dazu Cirsten Kunz: Ein solcher Antrag sei in Aßlar von der SPD bereits Ende März gestellt worden und das Ergebnis von Gesprächen mit der Wirtschaft gewesen.

Irmer sagte außerdem: Eigentlich brauche man den Antrag nicht. Der Kreis müsse bloß die Investitionen, die er im Haushalt für dieses Jahr eingeplant habe, auch tatsächlich umsetzen. In den vergangenen Jahren seien stets mehrere Millionen Euro nicht unmittelbar investiert worden. Deshalb beantragte die CDU: Der Kreis solle sämtliche 2020 geplanten Baumaßnahmen auch noch dieses Jahr durchführen.

Diesen CDU-Antrag lehnten die anderen Fraktionen ab. Martina Klement (Grüne): Damit würde die Kreisverwaltung zu sehr festgelegt. Und Wolfgang Berns (FDP): Es sei für die Kreisverwaltung schwierig, jetzt noch weitere Baumaßnahmen zu planen und umzusetzen als die ohnehin beabsichtigten.

Quelle: Wetzlarer Neue Zeitung, 01.07.2020