IN DER KREISTAGSSITZUNG VOM 30.06.25 WURDE IN TAGESORDNUNGSPUNKT 8 DIE SATZUNG FüR EINE KREISJUGENDVERTRETUNG ABSCHLIEßEND DEBATTIERT.
Wir als FWG Lahn Dill haben unsere Einwände gegen die aktuell vorliegende Satzung vorgetragen. Im wesentlichen ging es uns um die mangelhafte Einbindung der eigentlichen Zielgruppe. So wurde ein wichtiges Gremium, wie die Kreisschülervertretung nahezu außen vor gelassen.Gudrun Esch, FWG-Lahn-Dill Kreistags- und Sozialausschussmitglied mitglied hat in ihrer Rede wie folgt Stellung bezogen:
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
es ist gut und richtig, dass alle unsere Kinder und Jugendlichen im Lahn Dill Kreis die Möglichkeit haben, sich auf politischer Ebene einzubringen. In verschiedenen Kommunen gibt es bereits Kinder – und Jugendvertretungen, die sich mit Ihren Wünschen und Anregungen vor Ort einbringen.
Auf Kreisebene gibt es bisher eine solche Möglichkeit nicht. Das haben wir zum Anlass genommen, mit der damaligen Koalition FWG Lahn Dill, FDP, Bündnis 90, die Grünen und der SPD einen Antrag einzubringen, in dem der Kreisausschuss gebeten wurde, zu prüfen, in welcher Form die Einrichtung einer Kinder- und Jugendvertretung auf Kreisebene möglich ist.
Nun galt es, weiter zu prüfen, wie so eine Kinder- und Jugendvertretung im Kreis eingerichtet werden kann. Als geeignetes Basis-Modell erschien dafür das Jugendparlament des Landkreises Marburg-Biedenkopf. Natürlich benötigt man für ein solches Gremium auch eine Satzung, welche alles das, was eine bestimmte Vereinigung von Personen betrifft, wie z.B. eine Jugendvertretung, festlegt und regelt. Als Grundlage wurde die Satzung des Jugendparlamentes des Kreises Marburg-Biedenkopf genommen und dann auf den Lahn Dill-Kreis angepasst.
Erwähnenswert ist noch, dass man in diesem Bereich Neuland betreten hat.
Dies erklärt auch, dass, je mehr Einblicke man im Laufe der Zeit und bei Diskussionen gewinnen konnte, umso mehr Fragen auftraten.
Die erste, für viele eine banale Frage, war für uns als FWG Lahn Dill, soll die Kinder- und Jugendvertretung wirklich den Namen Jugendparlament erhalten? In unserem politischen Verständnis ist ein Parlament ein Gremium ab Landesebene. Ein Parlament kann Gesetze beschließen und hat gestalterische Möglichkeiten. Kommunen und Landkreise haben das nicht. Sie sind ausschließlich Verwaltungsorgane und können nur begrenzt gestalten. Auf Kommunalebene spricht man von Kreistag, Stadtverordnetenversammlung oder Gemeindevertretung. Nur weil es gut klingt und für viele Medien kurz und knackig zu schreiben ist, ist es unserer Meinung nicht richtig, sich mit fremden Federn zu schmücken. Man sollte deshalb auch einer Jugendvertretung die richtige Bezeichnung geben. Das ist auch so passiert. Das freut uns.
In der Endphase dieses längeren Prozesses kam allerdings für uns, FWG LDK ein weiteres großes Problem auf. Es meldete sich die Kreisschülervertretung. Sie vertritt über 35 Tsd. Schüler und Schülerinnen. Sie ist finanziell nicht auskömmlich ausgestattet und hat nun die Befürchtung, dass sie durch die Etablierung einer finanziell gut ausgestatteten Jugendvertretung kaum noch Vertreter für ihr Gremium gewinnen können, da interessierte SchülerInnen dann vermutlich die finanziell besser ausgestattete Jugendvertretung bevorzugen würden. Sie legten zudem ein Konzeptpapier vor, mit eigenen Vorschlägen, wie man eine Jugendvertretung als Kommission unter dem Dach der Kreisschülervertretung etablieren könnte.
An diesem Punkt haben wir verstanden, dass wir die eigentliche Zielgruppe „Kinder und Jugendliche“ nicht wirklich gefragt haben: „Wie stellt ihr euch denn eine Jugendvertretung vor“? Hier haben wir alle wohl das Pferd von hinten aufgezäumt.
Deshalb haben wir in der letzten Sozialausschusssitzung, mit der Unterstützung der Kreisschülervertretung, vorgeschlagen, ihre Ideen und Vorstellungen noch einmal ernsthaft zu diskutieren, mit dem Ziel, sie so weiter zu entwickeln, dass ein schlüssiges und praktikables Konzept daraus entsteht und zwei Jahre zu erproben. Diesem Vorschlag konnten die meisten Sozialausschussmitglieder nicht folgen. Drei Hauptgründe waren zu hören wie: 1. Kreisschülervertretung ist an das Land Hessen angedockt und dass schlösse z.B. ein Antragsrecht an den Kreisausschuss aus, oder 2. es würden viele Kinder und Jugendliche nicht erreicht, die sich außerhalb der Schule engagieren und 3. Eine fachliche Begleitung sei unbedingt erforderlich.
Zu allen Punkten vertreten wir die Auffassung, dass es durchaus Wege gibt, diese Bedenken aufzulösen, wie z.B. bei Punkt 1. ein Antragsrecht zu gewährleisten, z.B. geregelt über den Kreisausschuss, oder zu Punkt 2. Die Werbung von Mitgliedern in die Kommission, die sich außerhalb der Schule engagieren - hier muss man unseres Erachtens genauso viel Energie hineinstecken, Mitglieder zu finden, wie in das Kreis-Model, die dann noch online zu berufen sind. Und 3. die fachliche Begleitung wäre auch bei der Entwicklung des Kommissions-Models möglich.
Wenn wir heute diese vom Kreisausschuss vorgelegte Satzung verabschieden, dann lassen wir unseres Erachtens die Ideen und Wünsche der jungen Menschen, die uns ja von ihnen mitgeteilt wurden, außen vor, ohne erwägt zu haben, gemeinsam mit ihnen und mit fachlicher Unterstützung, ihre Ideen, eine Kreisjugendvertretung zu etablieren, voranzutreiben.
In jedem Fall müssen wir aber zwei Dinge sicherstellen: Kreisschülervertretung und Kreisjugendvertretung dürfen nicht zu konkurrierenden Gremien werden, und die Kreisschülervertretung muss auch deshalb finanziell deutlich bessergestellt werden.
Deshalb werden wir entsprechend für den nächsten Haushalt einen Antrag einbringen, der für die Kreisschülervertretung eine Erhöhung ihrer Zuwendungen um 5.000,00 Euro auf dann 10.000,00 vorsieht. Vielleicht mündet dieser Antrag in einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen.
Aufgrund der vorläufigen Haushaltsperre ist es noch nicht absehbar, wann die Mission Kreisjugendvertretung beginnen kann. Wir wünschen auf jeden Fall, dass sich viele junge Menschen motiviert fühlen, mitzumachen und ihre Wünsche und Ideen einbringen. Bedanken möchten wir uns bei allen Beteiligten, die mitgewirkt haben, bei den Fachabteilungen und den Mitgliedern des Kreistages, sowie für die stets sachliche und faire Diskussion.
Wir wünschen uns für zukünftige Projekte mit Kindern und Jugendlichen eine rechtzeitige Einbindung all derjenigen, die betroffen sind, um das Pferd wieder von vorne aufzuzäumen.
Wir halten die vorliegende Satzung für nicht sehr praktikabel. Aber wir möchten, dass unsere Kinder und Jugendlichen eine Vertretung auf Kreisebene bekommen. Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten.